Tagesfahrt nach Mildenberg

Auch die zweite Tagesfahrt in diesem Jahr war wieder ein toller Erfolg. Bei herrlichem Sonnenschein starteten wir zum Ziegeleipark in Mildenberg. Mildenberg ehemals ein Dorf, heute zur Stadt Zehdenick im Landkreis Oberhavel, im Bundesland Brandenburg gehörend. Der Ziegeleipark erstreckt sich über drei ehemaliger Produktionsstätten, die bis 1991 noch im Betrieb waren.  
Nach einer beschaulichen Fahrt durch das Brandenburger Land erreichten wir nach ca. zwei Stunden unser Ziel. Hier stand eine Werksbahn mit ausreichend vielen Anhängern für den Zustieg bereit. Ein gut informierter Lokführer erklärte uns, bei vielen Stopps auf der gesamten Strecke, wie ein Ziegelstein entsteht.

Nach dem Mittagessen im Hafenrestaurant traten wir unsere Heimfahrt an, nicht ohne einen Zwischenhalt in Groß-Schönebeck zu machen. Hier besuchten wir das Biosphären-Reservat Schorfheide-Chorin. Die Betreiber dieses Reservates haben sich zu Aufgabe gemacht, Mensch, Natur und die Tierwelt nachhaltig zu schützen. Es werden hier Methoden entwickelt, einen Ausgleich zwischen Natur und Mensch herzustellen. Besonders in dem vergleichsweisen dünn besiedelten Raum um die Schorfheide ist der Ausgleich der Interessen zwischen Menschen und Natur und die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung von besonderer Wichtigkeit. Die Gegend bietet vielen vom Aussterben bedrohter Tiere einen neuen Lebensraum. In dem Schreiadler, Kraniche und der Schwarzstorchbrüten. Biber und Fischottern sind über das gesamte Schutzgebiet verbreitet. Neben den Kiefernwäldern und uralten Huteeichen sind hier unzerschnittene Tieflandbuchenwälder anzutreffen.In einer kleinen Rundfahrt mit dem Planwagen, gezogen von zweistämmigen Kaltblütern, konnten wir uns einen kleinen Überblick von Landschaft und Tierwelt machen. In weiten Gehegen waren ein Elchpaar mit ihrem Fohlen, der Luchs, die Kowalskipferde, eine Rückzüchtung, wie auch die Auerochsen, Hirsche und Rehe, Schweine der unterschiedlichsten Gattung zu sehen. Nur das Wolfsrudel und die Fischotter hatten sich verkrochen. Dafür stellte sich ein prächtiger Pfauenhahn selbstbewusst zwischen den Gästen im Vorgarten des Restaurants zur Schau. Nur ein Rad hat er nicht geschlagen, dazu war sein Gefieder zu sehr zerzaust.

Nach einer kleinen Kaffeepause brachte uns der Busfahrer über schöne Brandenburgische Landstraßen wieder nach Berlin.
dkr

 
Die Ziegelei und der Aschköter

1887 wurde beim Bau einer Eisenbahnstreckecke von Löwenberg nach Templin ein großes Tonvorkommen gefunden. Dies war ein sensationeller Fund. In der aufstrebende Stadt Berlin und der sich ausbreitenden Industrie, wurden Arbeitskräfte gebraucht. Berlin erlebte zu dieser Zeit eine rasant anwachsende Zuwanderung. Es wurden Wohnungen benötigt. Häuser mussten gebaut werden. Die Tonvorkommen rund um Berlin waren fast erschöpft. So beispielsweise jene in Glindow bei Werder an der Havel. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand innerhalb kurzer Zeit bei Mildenberg eines der größten zusammen hängenden Ziegeleigebiete Europas. Hinzu kam, dass das Gebiet nahe der Havel lag. Die fertigen Produkte konnten so auf dem Wasserweg nach Berlin transportiert werden. Viele der zugewanderten Arbeitskräfte standen mit der ganzen Familie für die Produktion zur Verfügung, denn anfangs war die Herstellung von Ziegeln eine reine Handarbeit mit sehr viel Aufwand. Der Ton, mit Zuschlagstoffen angereichert, wurde zu einem dicken Brei vermengt. Mit diesem Brei wurden Holzformen gefüllt. Um den geformten Ziegeln das Wasser zu entziehen, wurden die Formen zum trocknen im Freien ausgelegt und regelmäßig gewendet. Dies war anfangs die Arbeit der Kinder der Wanderarbeiter. Nach der Trocknung wurden die Ziegel ausgeformt und behutsam gebrannt. Eine mühselige und zeitraubende Arbeit. War das Wetter schlecht, stockte die Produktion und im Winter musste man den Betrieb ganz einstellen. Die trocknen Ziegel wurden auf Loren gestapelt und in Brennkammern geschoben. Der Brennvorgang musste langsam erfolgen, damit die Ziegel nicht brachen. Im Laufe der Zeit wurde die Produktion technisch weiterentwickelt. Das Trocknen geschah in Trockenkammern. Der nun so fast kein Wasser mehr enthaltende Ziegel wurde dann in Brennöfen, die erst mit Holz und später mit Kohle beheizt wurden, gebrannt. Dennoch kam es immer noch zu nicht vertretbaren Mengen an Ausschuss. Erst mit der Erfindung der "Hoffmannschen" Ringöfen konnte man die Produktion verbessern. Diese Ringöfen waren kreisförmig angeordnete Brennkammern. War der Brennvorgang in einer Kammer abgeschlossen, setzte sich das Feuer in der benachbarten Kammer, die nur durch eine Papierwand von der vorigen getrennt war, fort. Die Steine in der ausgebrannten Kammer konnten auskühlen und dann ausgelagert werden. Eine leergeräumte Kammer wurde sofort wieder mit neuen ungebrannten Ziegeln gefüllt. So war ein gleichmäßiger Ablauf gewährleistet. Auch in anderen Produktionsabläufen wurde vieles von Maschinen übernommen. Hier kam die Dampfmaschine zum Einsatz, die über Transmissionen die Maschinen antrieb. Die Zuschlagstoffe konnte man auf eine benötigte Korngröße in Kugelmühlen mahlen. Auch das Einformen der feuchten Tonmasse übernahmen Maschinen. Automatische Strangpressen formten nun die Steine. Damit war man in der Lage in den Steinen Hohlräume für eine gut funktionierende Wärmedämmung einzubringen. Selbst der Transport der Grundmaterialien und die der fertigen Steine wurden über ein weit verzweigtes Gleisnetz mittels Feldbahnen, gezogen von Dampfloks, erleichtert. Nur das Beladen der Havelkähne geschah weiter per Hand. Waren doch die Ziegel ein zerbrechliches Gut. Man kam auf beachtliche Stückzahlen pro Jahr. Zuletzt waren es vor dem ersten Weltkrieg 625 Millionen Steine pro Jahr. Hauptabnehmer waren hier die aufstrebenden Städte Charlottenburg, Schöneberg und das Gebiet des heutigen Weddings mit den Arbeiterquatieren. Zur Zeit der Wirtschaftskrise 1929/1930 gab es auch in der Ziegeleiproduktion starke Einbußen. Viele Ziegeleien mußten schließen. Mildenberg konnte aber behaupten und nach 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone die nötige Produktion wieder hochfahren. Für den Wiederaufbau der im zweiten Weltkrieg erheblich zerstörten Stadt Berlin wurde viel Baumaterial gebraucht. Sogar Steine in längst vergessenen Normen wurden in Mildenberg wieder hergestellt. So in den 80-er Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts, als in Berlin-West der Denkmalsgedanke wieder an Bedeutung gewann, und einige Gebäude, im 19. und 20. Jahrhundert errichtet, nun neu aufgebaut oder auch erweitert wurden. Hier sei die Erweiterung des Pfortengebäudes der Vollzugsanstalt Tegel als Beispiel genannt werden. In Mildenberg wurden dazu die Ziegel im preußischen Reichsformat gebrannt. Die Ziegelei, nunmehr ein volkseigener Betrieb, hatte erheblichen Produktionszuwachs bekommen. Es wurden auch Dachziegel hergestellt. Mit Einführung der Plattenbautechnologie 1960 stellte sich erneut ein Rückgang in der Produktion ein.

Nach der Wende, 1991, wurde die Produktion gänzlich eingestellt. Westliche Investoren sahen für die Produktion keine Zukunft mehr. Aus der großen Ziegelei wurde ein Industriemuseum. An vielen Orten des nun großen Parks konnte die sich über die Jahrzehnte veränderte Herstellung der Ziegel anschaulich dargestellt werden. Selbst der große Hafen bekam eine neue Verwendung. Er wurde zum Jachthaven. Auch die oftmals schlechten Bedingungen unter denen  die saisonal eingestellten Wanderarbeiter lebten, die Entwicklung der Gewerkschaften, unter deren Einfluss weitere Veränderungen möglich waren, nicht nur im Bezug auf das Lohngefüge.          
dkr.